Interview mit Holly Loose von Letzte Instanz

Die Letzte Instanz ist gerade auf großer Tour. Im Sommer werden wir die Jungs auch wieder auf vielen Festivals sehen. Ich freue mich riesig, dass wir Sänger Holly Loose ein paar Fragen stellen durften. Wir wünschen euch viel Spaß beim Lesen des Interviews!


Es ist schon über 8 Jahre her, als ich bei meinem ersten Konzert von „Letzten Instanz“ war. Seit dem ist eine Menge passiert. Dieses Jahr habt ihr 15-jähriges Bandjubiläum. Erst einmal herzlichen Glückwunsch dazu. Es gab jede Menge Touren und CD’s von euch. Auch momentan tourt ihr wieder durch die Lande. Anschließend steht ein langer Festivalsommer mit vielen Auftritten an. Ich habe bei meinen inzwischen zahlreichen Konzerten von euch noch nie erlebt, dass keine Stimmung aufkam oder das Set nur „runtergespielt“ wurde.
Wie schafft ihr es über so lange Zeit die Motivation hoch zu halten und auf der Bühne immer so präsent zu sein?

Das ist relativ einfach. Da wir ja in unterschiedlichen Städten wohnen, sehen wir uns nicht häufig. Da wird jedes Konzert zur Klassenfahrt. Wir reden dann endlich über Dinge, die per Email oder Fon immer irgendwie blöd sind. Bei der Setlist für den jeweiligen Abend oder der jeweiligen Tour achten wir dann auch darauf, dass im Laufe des Abends jeder von uns Musikern auf seine Kosten kommt, daneben achte ich auch darauf, dass ich selbst als „Moderator“ immer mal neben den normal laufenden und täglich wiederkehrenden Ansagen, kleine Späße und Überraschungen einbaue, die eigentlich ausschließlich für die Band und unsere Crew sind – eben damit es ihnen nicht langweilig wird. In Hameln bot sich zum Beispiel folgendes an:

Mitten im Konzert hole ich aus meiner Arschtasche eine normale große Gabel (die Lagerung war bis dahin sehr gefährlich, denn immerhin war die Hälfte des Konzertes schon vorbei und wer die Letzte Instanz kennt, weiß, dass wir da immer sehr viel rumspringen… es hätte also auch sein können, dass… autsch… ich will nicht weiter denken…) Die Band schaut verdutzt, denkt sich wahrscheinlich: ‚Wat macht er denn nu schon wieder???‘ Ich bewerbe mich derweil beim Hamelner Publikum als neuer Rattenfänger und spiele zum Beweis meiner Fähigkeiten auf der Gabel tatsächlich Flöte, sehr zum Erstaunen des Publikums und der Band. Naja… war wahrscheinlich eine blöde Idee, aber es tut sein Gutes, wenn es eben darum geht, immer mal frischen Wind in die Schaluppensegel zu bringen…

 

Im Gepäck habt ihr auf Tour auch euer neues Album dabei. Wie kommt es beim Publikum an? Diskutiert ihr schon im Studio, wenn ihr an einer neuen CD arbeitet, welche Songs ihr davon später auf Tour live spielen wollt?

Ich bin sehr erstaunt und freue mich, denn viele der Lieder vom „Ewig“-Album werden auf den Konzerten von vorn bis hinten mitgesungen. Das fühlt sich als Urheber der Lieder natürlich sehr gut an. Aber noch viel erstaunlicher ist – wenn man gewohnt ist, dass beide Seiten – Publikum und Band – auch erst einmal auftauen und in Konzertlaune kommen müssen – der Umstand, dass zum Beispiel „Nur für uns“ und „Blind“, sofort mitgesungen wurden. Und diese beiden Stücke kamen im  regulären „Ewig“-Set als zweites und drittes Lied auf die Bühne. Wir hatten also mit diesen Stücken gleich von Anfang das Eis gebrochen und die Leute zum Mitsingen bewegt. Toll! Blöd nur ist jetzt der Umstand, dass nach den Konzerten nicht mehr so viel geredet wird, da die meisten vollkommen heiser die Konzerthalle verlassen und dann erst einmal wegen Stimmbandproblemen zum Arzt müssen… 150 Minuten mitsingen ist halt keine Dusch-Arie… ;)

Euer neues Album „Ewig“ ist der letzte Teil einer Trilogie, die zwischen 2009 und 2012 entstanden ist. Wie viel von der Grundidee von 2009 ist letztendlich ins aktuelle Album eingeflossen?

Wir haben es von vorn bis hinten durchgezogen! J Am Anfang stand die Idee, ganz grob die Gegensätze und Gemeinsamkeiten von Schwarz/Weiß, Gut/Böse etc. herauszuarbeiten und auf ein Album zu bannen, Ich glaube M. Stolz hatte damals in Holland die Idee daraus eine Trilogie zu machen und alles unter Themenpunkte zu stellen. Fertig war die Idee Schuldig, Heilig, Ewig. „Ewig sollt dann den Schlussstein bilden und einen Zusammenhang herstellen zwischen „Schuldig“ und „Heilig“, denn auf diesen beiden Alben haben wir bis dato ja nur verschiedene Alltagsthemen (so nenn ich das jetzt mal) unter den dem Titel entsprechenden Gesichtspunkten betrachtet. Lange Rede, kurzer Sinn: Wir nahmen das Zitat von Oskar Wilde: jeder Heilige hat eine Vergangenheit und jeder Schuldige eine Zukunft  fügten den Schlussstein „und das wird ewig so sein“ noch hinten an und fertig war das Konzept. Das haben wir dann durchgezogen und nun ist‘s fertig. Jetzt geht’s an neue Ideen und Herausforderungen.

 Freut ihr euch schon wieder auf den Festivalsommer, wo ihr beispielsweise auf dem Summer Breeze vor zig tausend Menschen spielt oder spielt ihr lieber Konzerte eurer eigenen Tour in kleineren Clubs?

Momentan sitze ich ja noch in einem kleinen Club, draußen scheint zum ersten Mal in diesem Jahr die Sonne und ich bin blass, weil ich sie seit Oktober nicht mehr gesehen habe… Nein ich sitze hier nicht seit Oktober, aber wir alle wissen ja, wie der Winter war.. zurück zum Thema.. Jedes Konzert hat seinen Reiz, egal ob es ein großes Headliner-Festival oder ein kleiner Club-Gig vor 200 Leuten ist. Auf einer Clubbühne wird es schneller warm, weil die Lampen nicht so hoch hängen. Das finde ich persönlich immer ganz schön, weil ich eine absolute Frostbeule bin. Blöderweise werden jetzt nach und nach die guten alten Wackellampen-Kannen, die nach 20 Minuten Laufzeit den Bestrahlungsort auf gefühlte 70°C erwärmen, durch kalte LED-Strahler ersetzt, die zwar Licht machen, aber keinen Deut Temperaturänderung bewerkstelligen. Seit der letzten Tour habe ich mir deswegen bei unserem Lichtdesigner drei Frontwackler erbeten, die wenigstens an einer Position der Bühne Wärme erzeugen! Ich meine, nicht, dass jetzt hier der Verdacht aufkommt, ich bräuchte die Wärme, weil ich selber nicht genug anheize… Raus, ihr Lumpen… Natürlich wird mir dann durch meine eigenen Aktivitäten spätestens beim dritten Lied warm und ab dem siebenten fange ich dann auch mal an zu schwitzen. Aber: der Schweiß läuft nicht mehr in Strömen und das vermisse ich!!! Also liebe Clubbetreiber: hängt für „Letzte Instanz“ gerne wieder ein paar mehr Wackeleimer über die Bühne. Aber ich schweife ja schon wieder ab… Festival-Atmosphäre ist natürlich ganz anders. Wenn dort die Leute bei einem Lied mitsingen, kommt so eine Wand auf die Bühne gedonnert, das ist natürlich mit keinem Club vergleichbar.

Welche Bands beeinflussen euch musikalisch am meisten?

Ich würde ja sagen, ‚Keine‘, aber das ist wahrscheinlich falsch… ich persönlich höre ganz gern „The Doors“, „Thrice“, und „Live“ und nun bilde dir selbst ein Urteil…

Besucht ihr privat gern Festivals? Welches ist euer Lieblingsfestival?

Ich war letztes Jahr privat auf dem Greenville-Festival und spiele nun zufällig dieses Jahr auf selbigem. Ansonsten war ich noch nie privat irgendwo, wo mehr als 5000 Leute vor der Bühne stehen. Ein Lieblingsfestival kann ich dir gar nicht nennen, denn erstens will ich die anderen nicht herunterstufen und zweitens gibt es tatsächlich kein absolutes Einzellieblingsfestival. Jedes hat seinen bestimmten Reiz!

Wie sieht bei euch ein Festival aus, bei dem ihr spielt? Seid ihr, wenn möglich, das komplette Wochenende vor Ort oder verschwindet ihr nach eurem Auftritt gleich wieder?

Meistens ist die Tour so gelegt, dass wir mehrere Festivals hinter einander spielen, das heißt, wir kommen an, spielen , feiern, fahren nachts mit Nightliner zum nächsten Festival, kommen an, spielen, feiern, fahren nachts mit Nightliner zum nächsten Festival, kommen an, spielen, feiern, fahren nachts…

Was muss man unbedingt auf einem Festival dabei haben?

Wahrscheinlich ein Zelt?

Zum Schluss interessiert uns noch welches euer verrücktestes Festivalerlebnis war?

Das definitiv verrückteste Festival, was ich persönlich erlebt habe war das Deichbrandfest 2009, geplant war Stagetime 0:00. Auf die Bühne sind wir nach vormaligen drei Stromausfällen um halb zwei. Wir haben genau zehn Minuten gespielt unterbrochen von zwei weiteren Stromsaufällen. Und wurden dann vom Stagemanager von der Bühne geholt, weil sie abzusacken drohte. Es hatte den ganzen Tag über geschifft und gestürmt ohne Ende. Der Platz vor der Bühne war ein einziges Schlammfeld, der Platz hinter der Bühne war schlammig und durchpflügt von Trekkerspuren, deren Verursacher jedes einzelne Bandfahrzeug von weiß ich wie vielen Bands aus dem Schlamm ziehen mussten. Alles bei strömendem Regen… Umso mehr freue ich mich dieses Jahr auf das Deichbrandfestival, denn endlich sind wir hier wieder mal dabei und haben die Chance, Deutschlands nördlichstes Festival gemeinsam mit vielen anderen Bands zu rocken!

Vielen Dank fürs Beantworten unserer Fragen. Wir wünschen euch einen heißen Festivalsommer und ein schönes Jubiläumskonzert am 19.10. in Dresden.