Interview mit den Apokalyptischen Reitern

Als Weimarer bin ich großer Fan der Apokalyptischen Reiter und freue mich deshalb riesig, dass wir ein Interview mit Gitarrist ady führen durften.

Ihr habt ja schon das ein oder andere Festival für nächstes Jahr bestätigt. Werdet ihr 2013 viel unterwegs sein oder arbeitet ihr an neuen Songs?

2013 werden wir nur ein paar ausgewählte Festivals in Deutschland und im Ausland spielen. So zum Beispiel das Wacken Open Air, für das wir uns sicherlich noch ein paar ganz besondere Ideen ausdenken werden. Ansonsten soll unser Fokus für 2013 doch eher auf dem Songwirting für eine neue Platte liegen.
Da wir uns im Oktober diesen Jahres schon in einer kleinen Hütte in Tschechien eingeschlossen haben, um an einigen Ideen zu arbeiten, die völlig abseits der Pfade sind, welche die Fans sonst so von uns kennen, verfolgen wir derzeit noch ein ganz anderes Projekt. Die komplette Band ist total heiß darauf, aber was wir schließlich mit dem Material anstellen, bleibt vorerst noch ungewiss. Ich denke, das wird sich zeigen, sobald wir nächstes Jahr abseits vom Touren und Live-Spielen wieder die Zeit finden uns diesen Sachen in Ruhe und mit der nötigen Konzentration zu widmen. Das ist im Vorfeld einer Tour, wie sie uns nun bevorsteht, immer extrem schwierig, da es viel Zeit frisst eine solche angemessen vorzubereiten.

Die Reiter gibt es seit inzwischen fast 18 Jahren. Ihr habt viele erfolgreiche Platten aufgenommen und vor tausenden Fans gespielt. Könnt ihr euren Erfolg immer fassen oder ist das immer wieder etwas Besonderes?

Wir sind eine extrem fleißige Band und im Laufe der Zeit hat jeder in der Band abseits des Musizierens feste Aufgaben, die abgearbeitet werden müssen. Denn der Erfolg einer Band bestimmt sich leider nicht allein durch musikalische Kreativität. Wir treffen uns mehrfach die Woche um gemeinsam über anstehende Projekte und Probleme zu entscheiden. Das hat solche Ausmaße angenommen, dass wir mittlerweile Protokoll führen und dieses vor jeder Probe mindestens einmal durchgehen. Manchmal gehen ganze Tage allein für Planung gewisser Projekte drauf. Das kann zwar ganz schön nerven, ist aber unerlässlich und jeder einzelne freut sich dann umso mehr darauf, wenn wir dann endlich die Instrumente in die Hand nehmen können.
Die größte Belohnung bleibt jedoch nach wie vor, diese Ideen, die man sich quasi im stillen Kämmerlein ausdenkt, nach außen zu tragen und vor Publikum aufführen zu können. Das ist immer etwas ganz besonderes und wird wohl nie ganz fassbar sein, egal wir oft man es schon gemacht hat.
Das ist aber auch gut so, denn es erhält die Leidenschaft für das, was wir machen.

Spielt ihr lieber auf einem riesigen Festival, wie z.B. in Wacken oder bevorzugt ihr eigene Konzerte in kleinen Clubs?

Ich finde beide Arten haben ihren ganz eigenen Charme. Und beides hat seine Vor- und Nachteile. So ist es natürlich unheimlich imposant auf einer großen Festivalbühne zu stehen und vor mehr als  80.000 Leuten (wie in Wacken) die eigenen Kompositionen zum Besten zu geben und dafür mit Masseneuphorie und lautstarkem Dank belohnt zu werden. Das hat schon was erhebendes. Allerdings ist so ein Graben, der zwischen Leuten und Bühne liegt, dann auch recht groß, was wiederum zur Folge hat, dass das Publikum etwas in die Ferne rückt und dieses face-to-face Feeling nicht so aufkommt, wie bei einer Clubshow. Dort kann man das Leuchten in den Augen tatsächlich erkennen und ist viel näher am Individuum dran. Auch diese Fans lassen sich natürlich von uns anstecken und schreien sich heiser, damit wir das auch ja mitbekommen.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass die anderen in der Band das genau so sehen und schließlich sind auch wir extrem glücklich, wenn der Funke von Band zu Publikum überspringt und die ganze Halle oder der ganze Platz feiert.


Wie weit unterscheiden sich eure Shows in deutschen Landen von denen in Russland, Frankreich oder England? Ihr wurdet beispielsweise in England als "most criminally underrated act from Germany" bezeichnet. Macht euch das stolz?

In erster Linie unterscheidet sich das darin, dass man bei Reisen mit dem Flugzeug natürlich nur begrenzt Equipment und Bühnenelemente mitnehmen kann. Beim Equipment sind wir mittlerweile so weit, dass jeder seinen Sound überall auf der Welt so reproduzieren kann, dass es dem, wie es mit voll ausgerüstetem Equipment der Fall wäre, in nichts nachsteht. Das erleichtert uns als wahre Sound-Fetischisten auf jeden Fall enorm, denn wenn der Sound schlecht ist, stört das auch das gute Feeling auf der Bühne.
Bei Bühnenelementen wird es da schon schwieriger. Meistens muss man sich da schon sehr einschränken, aber zum Leidwesen unserer Crew, versuchen wir immer alles mit alternativen Mitteln umzusetzen. Da wird aus dem einstigen Besen auch schnell mal eine improvisierte Fahnenstange. Das hat sich in Russland schon ganz gut bewährt, hehe.
Dass wir als „most criminally underrated act from Germany“ bezeichnet werden, macht uns natürlich wahnsinnig stolz. In Deutschland wird uns in der Regel immer die Floskel entgegen geschleudert, dass man mit deutschsprachiger Musik im Ausland keinen Meter weit kommt. Das drückt natürlich immer ein bisschen auf' s Gemüt, hält uns aber nicht davon ab trotzdem diesen Weg zu beschreiten und unsere Live Erfahrung haben schon oft bewiesen, dass man das so einfach nicht pauschalisieren kann. Auch in England, Frankreich und Russland, um nur einige Beispiele zu nennen, genießt man Melodien und spürt die Live Energie einer Band, auch wenn man deren Sprache nicht spricht. Ich habe auch nicht von Geburt an Englisch gesprochen und habe es zum Teil auch dadurch gelernt, indem ich damals die Lyrics meiner Lieblingsbands übersetzt habe. Ich habe schon das eine ums andere Mal gelesen, dass auch unsere ausländischen Fans diese Mühen auf sich nehmen, weil es sie einfach interessiert, was Fuchs da von sich gibt. Das ist doch ein großes Lob für eine Band.

Welche Bands beeinflussen euch musikalisch am meisten?

Das ist bei jedem Bandmitglied anders. Wir sind fünf verschiedene Charaktäre mit fünf verschiedenen Geschmäckern. Natürlich gibt es da viele Überschneidungen.
Mich begleiteten und beeinflussten dieses Jahr eine Menge Bands, die eigentlich gar nichts mit Metal zu tun haben. So hat es mir zum Beispiel das Elektro Duo 'Justice' mit ihrem Ed-Banger Stil ziemlich angetan oder die poppigen 'Two Doors Cinema Club'.
Aber das Verlangen nach Musik mit harten Gitarren kommt natürlich auch immer wieder durch. Auf Tour lernten wir die 'Emil Bulls' kennen, die einerseits total coole Typen sind und auf der anderen Seite eine grandiose Live- Band abgeben. Ihre Musik habe ich dieses Jahr auch hoch und runter gehört. Es gibt einfach so unbeschreiblich viel gute Musik, dass es nahezu unmöglich erscheint, alle aufzuzählen, die es verdient hätten.
Es ist auch schwierig zu sagen, was einen letztendlich beeinflusst. Ich glaube, man nimmt von allen Bands immer ein bisschen Lebensgefühl aus der Beziehung, die man zur Musik aufgebaut hat, mit und mixt es mit eigenen Vorstellungen und Erfahrungen. Manche Sachen passieren bewusst, viele aber auch unbewusst. Das wird einem dann meist bei späteren Analysen klar.

Besucht ihr privat gern Rock- und Metalfestivals? Welches ist euer Lieblingsfestival?

Also die Zeit, in der ich privat mit Freunden 3 bis 4 Tage lang auf einem Festival kampiere, sind wohl leider vorbei. Aber wenn man natürlich auf so vielen Festivals spielt, sieht man das auch mit etwas anderen Augen. Allerdings lasse ich es mir nach wie vor nicht nehmen, Konzerte zu besuchen. Das Genre ist mir dann auch völlig egal. Musik muss einfach nur die richtige Energie transportieren. Das ist das allerwichtigste. Was die richtige Energie in welchem Moment ist, steht dann auf einem anderen Blatt. Man möchte ja schließlich auch nicht jeden Tag das gleiche essen, oder?
Ein Lieblingsfestival habe ich also demnach nicht wirklich.

Wie sieht bei euch ein Festival aus, bei dem ihr spielt? Seid ihr das komplette Wochenende vor Ort oder verschwindet ihr nach eurem Auftritt gleich wieder?

Oft ist es so, dass man mehrere Shows an einem Wochenende spielt. Somit haben wir meist gar nicht die Zeit, länger zu verweilen. Trotzdem haben wir meist genug Zeit um uns auch andere Bands mal anzuschauen oder über ein Festivalgelände zu laufen und sich einfach mal umzusehen, mit was die Festivalbesucher ihre Zeit verbringen, wenn sie nicht gerade gebannt auf eine Bühne schauen. Ab und an trifft man auch mal Bekannte, die man länger nicht gesehen hat. Meistens ist man als Band auf Festivals aber auch einfach froh, wenn man mal ein lauschiges Plätzchen findet, an dem man kurz dem ganzen Lärmpegel aus dem Weg gehen kann. Jeder hat da so seine eigene Art, wie er sich die Zeit bis zur Show zu vertreibt.

Was muss man unbedingt auf einem Festival dabei haben?

Ein guter Gehörschutz! Alles andere kann man irgendwo her bekommen oder irgendwie improvisieren.

Zum Schluss interessiert uns noch welches euer verrücktestes Festivalerlebnis war?

Da gibt es etliche Geschichten und die viele davon kann ich ruhigen Gewissens wohl gar nicht erzählen. An ein Erlebnis erinnern wir uns aber immer wieder gerne und wird von Crew und Band auch oft erzählt. Das war unsere erste Show in Yekaterinburg. Da hat uns der Veranstalter nach der Show noch eingeladen, weil er so begeistert von der Show war. Wir sind mit Taxis – es sei angemerkt, dass wohl die komplette russische Taxibranche aus der Verwandtschaft von Hotelinhabern und Konzertveranstaltern besteht – in einen absoluten Nobelschuppen chauffiert worden. Ich habe weder vorher noch hinterher in meinem Leben so viel Vodka getrunken. Unser Drum Tech wurde dann anlässlich seines Geburtstages dann auch noch auf eine kleine Bühne gebeten, wo ihm ein Travestie-Künstler dann ein kleines Ständchen gebracht hat. Am nächsten Tag war ursprünglich eine Sightseeingtour durch dir Stadt geplant. Die musste dann allerdings ein paar Stunden nach hinten verlegt werden.
Das war schon ein herrliches Erlebnis.

Vielen Dank fürs Beantworten unserer Fragen und bis bald sagen die festival-reporter.

Gern geschehen.
Grüße ady