Nachbericht With Full Force 2014
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- Veröffentlicht: Dienstag, 22. Juli 2014 17:58
Nach dem Jubiläum zur 20. Auflage im letzten Jahr reduzierten die Veranstalter das With Full Force wieder auf die üblichen drei Tage von Freitag bis Sonntag und sparten trotzdem nicht beim Line-Up. Motörhead sollten im dritten Anlauf endlich beim Force spielen und wir konnten uns das natürlich nicht entgehen lassen. Ob aller guten Dinge wirklich drei sind und die Wetterfrösche mal wieder nicht Recht hatten, erfahrt ihr in unserem Bericht.
Freitag
Sonne mit hohen Temperaturen für Freitag und Gewitter bis Sturm für Samstag wurde vorausgesagt. Freitag beim mittäglichen Zeltaufbau wurden wir nicht enttäuscht: mehr als gefühlte 30° Celsius im Schatten und Zeltaufbau passen zwar besser zusammen als Zelt und Regen, aber trotz allem ist man danach ähnlich nass. Dagegen half wie immer ein kühles Blondes und wir waren bereit für den Start ins Wochenende.
Pünktlich zu Milking the Goatmachine betraten wir das Gelände und sahen uns das zickige Treiben auf der Mainstage an. So witzig das Verpacken kitschiger Songs in groovendes Death Metal Papier sein mag, irgendwie beschleicht mich immer wieder das Gefühl, dass die Band ohne Masken nur halb so viel Aufmerksamkeit ernten würde. Das Konzept geht auf und einige Fans bahnten sich mit Ziegenmasken den Weg durch die erstaunlich gut gefüllten Zuschauerreihen. Da die Sonne ihren Tribut fordert, musste der Flüssigkeitshaushalt durch die erneute Aufnahme von Gerstensaft ausgeglichen werden, wobei die konstant fairen Preise (2,50€ für 0,4 l) auffielen. Verglichen zu den letzten zwei Jahren blieben neben den Getränkepreisen auch die Position der Bühnen sowie die restliche Aufteilung des Areals unverändert.
Nach groovigen Death Metal wurde bei The Black Dahlia Murder anschließend deutlich mehr geknüppelt. Diese Band hält seit Jahren exakt an ihrem Stil genauso wie an der guten Livequalität fest. Guter Gig, der in einem kleineren Club wohl noch deutlich intensiver wirkt. Wesentlich seltener als eben genannte Truppe, sowie die gleichzeitig spielenden Kataklysm, sind Protest the Hero in Deutschland anzutreffen, so dass wir uns prompt zur recht vollen Zeltbühne begaben und es zu keiner Zeit bereuten. Voller Spielfreude sprangen die Kanadier über die Stage und zockten souverän ihre komplexen Songs. Die technischen Kabinettstückchen sorgten für allerlei offene Münder und der Sänger meisterte auch schwierige Passagen problemlos. Leider kamen die weiblichen Gesangsparts vom Band, aber dass wegen zwei drei Liedern nicht extra eine Sängerin mit auf Tour genommen werden kann, ist nachvollziehbar. Toller Gig und eines der Highlights des Wochenendes!
Das zweite (für mich komplett überraschende) Highlight folgte im direkten Anschluss auf der Hauptbühne: Skindred. Empfand ich die Band vor einigen Jahren mit ihrem Reggae-Metal-Mix noch eher langweilig, überzeugten sie diesmal auf ganzer Linie: Coole Outfits, viel Bewegung, der Harlem Shake und ein Frontmann der die Massen mitreißt. Genau das Richtige um sich für das folgende Viertelfinale der WM zwischen Frankreich und Deutschland in Stimmung zu bringen. Für dieses Spiel wurde das Liveprogramm ausgesetzt und die Bands entsprechend verschoben. Ausgestrahlt wurde das Spiel auf dem Schirm der Hauptbühne sowie auf einem zweiten Bildschirm neben dem Zelt, auf welchem ebenfalls alle anderen WM Spiele gezeigt wurden. Auch wenn nicht alle Besucher zufrieden waren mit den musikfreien zwei Stunden, war es auch eine Entscheidung im Sinne der Bands, da viele sonst wohl nur mit halben oder gar keinem Ohr zugehört hätten. Gut gelaunt ging‘s nach dem Sieg des deutschen Teams zurück zu unserem Zelt für eine wohlverdiente Stärkung aus der Kühltruhe.
Statt wie vor zwei Jahren auf der Mainstage spielten Emmure dieses Jahr auf der Zeltbühne. Dass dies jedoch nicht als Rückschritt zu werten ist, zeigte sich am komplett gefüllten Zelt. Mit dem guten neuen Album im Gepäck wagte man sogleich den Einstieg mit den ersten beiden Songs des Albums. Das Publikum schien bereits vertraut genug mit dem neuen Material, um ordentlich Bewegung in die Massen zu bringen. Leider stellte sich bei mir jedoch nach einer halben Stunde etwas Monotonie ein und so wurde ein Rundgang über das Gelände eingelegt. Dieses war wieder mit den üblichen Essenständen von Burgerbratern, Nudelköchen bis hin zu Handbrotbäckern gefüllt und selbst für Veganer war ausreichend Nahrung vorhanden.
Anschließend machten wir uns schon auf den Weg zur Hauptbühne, wo uns pünktlich um 23 Uhr der Headliner Volbeat erwartete. Gefühlt ist diese Band aus keiner Campingplatz-Setlist wegzudenken und eignet sich entsprechend gut für eine Headliner Show. Obwohl der Rockabilly Metal mit Hardcore wenig zu tun hat, schienen sich alle vor der Bühne einzufinden, um mit Volbeat zu feiern. Die Band spielte engagierte 1 1/2 Stunden (ja, sowas gibt es noch) und wurde mit tosendem Applaus verabschiedet.
Die Knüppelnacht kann stilistisch kaum mit einer besseren Band als Nile eingeläutet werden. So knüppelten sich die Ägyptologen durch eine Setlist gemixt aus alten Klassikern wie "Lashed to the Slavestick" und Material von der letzten Scheibe. Nach ein paar deutlichen Spielfehlern in den ersten zwei Songs, fing sich die Band und beendete den Gig mit "Black Seeds of Vengeance" und der Ankündigung, dass an einem neuen Album gearbeitet wird. Hoffentlich findet man damit wieder zu alter Stärke zurück. Diese verließ uns danach leider, so dass wir Shining früh um vier nicht mehr erleben konnten. Wobei mich der Zustand von Herrn Kvarforth um diese Uhrzeit schon interessiert hätte...
Samstag
Vorhersage: Gewitter mit Schauern.
Tatsächliches Wetter: Heiß mit Sonne.
Auswirkungen: Staub in der Luft (eigentlich überall)
Insofern hatte der Wetterbericht glücklicherweise unrecht und ein Unglück wie vor zwei Jahren nach dem Blitzeinschlag konnte sich nicht wiederholen.
Statt mit Elsterglanz-Albereien wie die vorherigen Jahre eröffneten Dew-Scented um 15 Uhr die Mainstage mit straightem Thrash. Die Band ist einfach unverwüstlich und hat trotz einiger Besetzungswechsel in der Vergangenheit immer noch genug Wumms, um den Kopf richtig wach zu rütteln. Leider war der Sound recht verwaschen, so dass die schnellen Anschläge im Bassgewummer untergingen. Trotz aller Klasse von Dew-Scented fehlte irgendwie die Lachmuskellockerung durch das Duo aus Eisleben. Vielleicht klappt es ja nächstes Jahr wieder oder wir müssen leider alles "kaputtschlaahn" ;)
Gefühlt sieht man Carnifex jedes Jahr, aber zu unserer Überraschung hatte die Band vor Aufnahme der neuen CD sogar eine Pause eingelegt. Wahrscheinlich klingt diese dadurch frischer und bietet mehr als nur Breakdowns. Das gleiche hatte ich mir auch von der Live Fassung versprochen und wurde nicht enttäuscht - von den neuen Songs, die alten sind irgendwie immer noch sehr austauschbar. Im Gesamten aber ein guter Gig mit dickem Sound. Dick trifft auch auf den einen Gitarristen zu, dessen Form immer kugelähnlicher wird...
Komplett durchtrainiert hingegen präsentierte sich Candace Kucsulain von Walls of Jericho. Ihr sieht man an, dass mehrfach die Woche der Fitnessstudio Besuch ansteht. Entsprechend fit rannte sie während des kompletten Auftritts über die Bühne und animierte das Publikum ihr es gleich zu tun. So herausragend Candace auch sein mag, über eher die mittelmäßigen Songs kann auch Sie nicht hinwegtrösten.
Alle Jahre wieder kann man auch die Emil Bulls im Zelt erleben. Diese Routine merkte man der Band an: Sie weiß mittlerweile genau wie sie mit der Crowd umzugehen hat und feuerte einen Hit nach dem anderen in die Menge. Diese dankte es mit den üblichen Circle Pits/Wall of Deaths und nach 40 Minuten verließen viele glückliche (und geschaffte) Gesichter das Zelt Richtung Hauptbühne für die Legenden Ignite. Wir konnten dem Auftritt leider nur aus der Ferne lauschen, da wir Kamera etc. für Interview mit den Emil Bulls besorgen mussten. Das wirklich erstaunliche an Ignite: Während ich die Stimme auf CD etwas gewöhnungsbedürftig empfinde, klingt der Sänger live richtig gut! Schade, dass wir es nicht direkt erleben konnten.
Kurz vor unserem Termin bei den Bulls hatten wir noch Zeit für Devil You Know. Diese Allstar Band mit (Ex-)Mitgliedern von Killswitch Engage, All Shall Perish und Bleeding Through sprang recht kurzfristig für Trivium ein. Dass der Name sich noch nicht wirklich rumgesprochen hat, zeigte an dem recht leeren Areal vor der Hauptbühne für den doch recht hohen Slot kurz vor acht und um ehrlich zu sein: viel haben die Abwesenden auch nicht verpasst. Von den Liedern des Debuts zünden schon auf Platte nur wenige, live wird das Ganze leider nicht besser. Da helfen auch gute Musiker wenig.
Durch das Interview mit den Emils Bulls, welches ihr euch HIER anschauen könnt, schafften wir es nur zu den letzten Songs von Amon Amarth. Diese hatten riesige Aufbauten in Form von Wikingerschiffen auf die Bühne geschafft, was zusammen mit der stimmigen Beleuchtung ein klasse Bild ergab. Auch der Sound war vom allerfeinsten mit klaren zweistimmigen Gitarrenläufen und präzisen Drums. Die Wikinger sind einfach eine klasse Live-Band auf jedem Festival.
Ein wesentlich exotischerer Headliner wurde Samstag mit Rob Zombie gewählt. Dieser war 2014 zwar bereits bei Rock am Ring/Park zu sehen, machte sich die Dekade vorher aber extrem rar auf deutschem Gebiet. Insofern eine tolle Chance ihn endlich mal live zu sehen. Leider waren nicht alle Besucher dieser Meinung, sondern ihnen kam der Herr eher unbekannt vor. Schade, denn es wurde eine tolle Rock-Show geboten. Schicke Kostüme und eine Menge Hits, auch von der neuesten Platte, wurden sehr tight und bei Klasse Sound gezockt. Die Backing Band, welche unter anderem aus den Ex-Marilyn Manson Mitgliedern Ginger Fish am Schlagzeug sowie John 5 an der Gitarre bestand, demonstrierte in Solos zusätzlich ihre Klasse. Besonders John 5 zeigte einmal mehr, dass ihm an diesem Wochenende wohl keiner das Wasser reichen konnte. Leider war die Spukshow typisch amerikanisch nach 1 Stunde zu Ende und die Veranstalter ließen sich danach bei dem alljährlichen Feuerwerk mal wieder nicht lumpen. (sg)
Eskimo Callboy leuteten nach dem Headliner das Saturday Night Fever auf der Tentstage ein. Nach ihrem überaus erfolgreichen Debütalbum haben die Jungs aus NRW hauptsächlich gezeigt, was ihre neue Scheibe zu bieten hat. Das Publikum gab alle übrige Kraft frei und ließ sich von der Partymusik mit vergleichsweise hohem elektronischen Anteil mitreißen. Zum Abschluss wurde noch bekannt gegeben, dass eine weitere Platte so gut wie fertig sei, das Veröffentlichungsdatum jedoch noch unbekannt ist. (cd)
Sonntag
Vorhersage: Warm mit Sonne.
Tatsächliches Wetter: Fast schon unerträglich heiß mit Sonne.
Auswirkungen: Sauna-ähnliche Zustände vor der Bühne - aber besser als Regen :)
Unseren Auftakt zum letzten Festival-Tag bildeten The Ocean, Volksmetal klangen schon vom eigenen Zelt aus so abschreckend, dass wir uns nicht von den bequemen Stühlen erheben konnten. Wie bereits am Samstag mit Elsterglanz sei aber auch hier angemerkt: Warum kein Mambo Kurt???
The Ocean wirken auf Platte mit ihrem Post-Prog-Metal sehr intensiv, auf einer großen zur heißen Nachmittagssonne bleibt davon leider wenig übrig. Auch können sich bei mittelmäßigem Sound keine wirklichen Riffs oder Melodien im Kopf festsetzen. Sehr cool hingegen die Crowdsurf-Aktion des Sängers inklusive gutem Gesang.
Während The Ocean ihre Songs zelebrierten und Riffs gern etwas ausdehnten, versuchten sich The Dillinger Escape Plan daran, möglichst viele Ideen in kurzer Zeit unterzubringen ohne auch nur eine Sekunden auf der Stelle zu verharren. Sehr beeindruckende Performance bei diesen Temperaturen. Leider hielten wir es bei dieser Hitze nicht die komplette Spielzeit über vor der Bühne aus. Schatten musste her und war in der Nähe von Essensständen recht schnell gefunden.
Gestärkt und abgekühlt standen dann die Legenden von Sepultura auf dem Plan - oder was davon noch übrig ist. Mittlerweile hatte sich der Platz vor der Bühne auf der schattigen rechten Seite gut gefüllt und gebannt warteten alle auf... genau, die alten Hits. Songs neueren Datums wurden mit Anstandsapplaus bedacht und bei den Klassikern kam dann auch entsprechend Bewegung in die Menge. Langsam fragt man sich, wie lange die Band noch durchhalten will, zu beteuern, wie wichtig und toll die ihren neuen Alben sind. Selbst mit einem absoluten Meilenstein der Musikgeschichte wird es die Band wohl nicht mehr aus ihrem eigenen Schatten zu treten. Wie wäre es mit einer Reunion zum Force im nächsten Jahr ;) (sg)
Zeitgleich starteten auf der Zeltbühne die Architects mit ihrem brandneuen Album im Gepäck und stimmten ihren Auftritt auch gleich mit Gravedigger an. Sowohl vor aus auch auf der Bühne gab es viel Bewegung zur Musik der Briten. Der Sound war etwas verwaschen, die Fans störten sich daran jedoch in keinster Weise. Ein sehr gelunger Auftritt im prall gefüllten Zelt und das bei einer so großkalibrigen Konkurrenz auf der Hauptbühne.
Etwas verhalten ging es im Zelt mit Comeback Kid weiter, die mit dem gelungenen Album „Die Knowing“ auch ein paar neue Stücke zum Besten gaben. Schon mit weit weniger Zuschauern als ihrer Vorgänger gestartet, taten sich viele Fans schwer gleich auf die neuen Songs einzustimmen. Als dann jedoch die all time favourites wie Broadcasting ausgepackt wurden, konnten auch die Letzten nicht mehr still stehen. Eine volle Stunde hatte die Hardcore-Truppe und gab sich die größte Mühe, jene auch ordentlich zu füllen. Eine unglaubliche Energie versprühten die Kanadier von Anfang bis Ende, vor allem Frontmann Andrew hat sich gut um das Publikum gekümmert, während Behemoth auf der Hauptbühne die Sonne verdunkelten. (cd)
Black Metal und Sonne verträgt sich irgendwie nicht so gut. Trotz klasse Performance und schicker Bühnenaufbauten gelang es Behemoth nicht die Sonne schwarz zu spielen - mit Sonnenstrahlen im Gesicht wirken die dunklen Epen irgendwie nett. Musikalisch gesehen bleibt die Band aber unantastbar und Drummer Inferno trägt seinen Namen vollkommen zu recht. Ich freu mich auf schon die nächste Tour (in dunklen Clubs).
Kreischende Emo Mädchen - es ist Zeit für Bring me the Horizon! Die stehen auch pünktlich auf den Brettern, aber zum allgemeinen Erstaunen fehlt das (weibliche) Gekreische als Frontmann Oliver Sykes das Mikro ergreift. Überraschend, genau wie die Setlist, welche fast das komplette aktuelle Album beinhaltet und ältere Lieder bis auf zwei Ausnahmen außen vor lässt. Persönlich find ich das verständlich, da die neuen Songs deutlich mehr Wiedererkennungswert besitzen. Diesen mangelt es dafür der restlichen Band. Gerade die Saitenfraktion könnte gerade aus dem Proberaum der Schule kommen und ein Besetzungswechsel während des Sets wäre wohl auch niemandem aufgefallen.
Was letztes Jahr nicht funktionierte, klappt im mittlerweile dritten Anlauf: Lemmy spielt tatsächlich beim With Full Force als Headliner! Leider wirkt es bei dem aktuellen Gesundheitszustand von Herrn Kilmister so, als könnte dies eine der letzten Chancen gewesen sein, dort zu spielen. Sichtlich ausgemergelt von den letzten Jahren inklusive Beipass-OP kämpft sich Lemmy durchs Set. Mikkey Dee und Phil Campbell geben Vollgas und versuchen den Frontmann zu entlasten. Insgesamt würdiger Headliner wenn auch eher durch den Kultstatus als durch die aktuelle Verfassung. Bin gespannt wie lange das noch gut geht...
Abschließend muss man festhalten, dass es den Veranstaltern gelang, auch nach dem letztjährigem Jubiläum, das Niveau durch tolle Bandauswahl locker zu halten und auch organisatorisch gab es wie üblich nichts zu bemängeln. Wir sind gespannt, was nächstes Jahr auf dem Speiseplan steht und können kaum erwarten bis es wieder heißt WITH FULL FORCE! (sg)
P.S. Die kostenlose App mit der sich ein individueller Zeitplan zusammenstellen lässt, ist wirklich ein praktische Sache :)