Nachbericht With Full Force 2012

Im Jahr 2012 hat es das WithFull Force durch einen Vorfall in die mediale Berichterstattung geschafft, der weitab von den Genüssen eines Musikfestivals liegt. Durch das große Gewitter in der Nacht von Samstag auf Sonntag wurden über 50 Menschen bei einem Blitzeinschlag auf dem Zeltplatz verletzt, dazu aber später mehr.

Freitag

Anders als bei unserem letzten Besuch im Jahr 2010, reisten wir erst am Freitagmorgen an. Dabei mussten wir feststellen, dass die Autoschlange am Eingang wesentlich kürzer war als bei unserer letzten Anreise. Nicht einmal für das Warte-Bier hat es gereicht, so schnell ging es.

Als wir mit der Hilfe von Faxe am frühen Nachmittag unsere Festung der nächsten drei Tage errichtet hatten, wurde der erste Gang zur Bühne angetreten, welcher leider länger als erwartet ausfiel.

Zur Band mit dem höchsten Frauenanteil des diesjährigen WFF haben wir es leider nicht mehr pünktlich zum Start geschafft. An der soliden Performance von Eyes Set To Kill änderte das jedoch nichts. Die Mädels heizten dem hohen Männeranteil im Hard Bowl Zelt bereits am frühen Nachmittag ordentlich ein. (cd)

Dass sich Devil Driver mittlerweile einen hohen Bekanntheitsgrad erspielt haben, zeigte die recht hohe Besucherzahl vor der Main Stage trotz der relativ frühen Spielzeit. Wie schon bei den Veröffentlichungen Platte wurde ich auch live mit dem Sound der Band nicht so recht warm, da mir dieser viel zu identitätslos im Becken des Modern Metal/Metalcore umher schwimmt. Den meisten Anwesenden schien es jedoch gut gefallen zu haben, so dass ein späterer Platz im Billing auch angebracht gewesen wäre.

Diesen konnten die Jungs von Insomnium ergattern und nutzen ihre Chance durch eine motivierte Vorstellung. Leider änderte dies jedoch wenig an dem vergleichsweise geringen Besucheraufkommen vor der Hauptbühne. (sg)

We Butter the Bread with Butter brachten im Zelt ihre gewohnte Energie auf die Bühne. Schon im Jahr 2010 begeisterten die fünf aus Lübben das WFF-Volk und spielten auch dieses Jahr in gewohnter Qualität.

Äußerst schockiert nahmen wir während einer Auszeit im VIP-Zelt wahr, dass Lamb of God aufgrund der Festnahme des Sängers Randy Blythe nicht wie geplant die Hauptbühne aus ihrer letzten Ruhe erwecken würden. Dafür sollten Emmure einspringen, die ursprünglich zeitgleich im Hard Bowl auftreten sollten. Ein wirklicher Ersatz war das also nicht. Nichts desto trotz haben die Jungs von Emmure ordentlich die Besucher vom Fernbleiben der heißersehnten Lämmer abgelenkt. Ersetzen konnten sie den gestrichenen Auftritt der Richmonder trotz ihrer musikalisch überzeugenden Darbietung leider nicht. (cd)

Nach der negativen Überraschung in Form einer Absage gab es anschließend eine positive: Suicide Silence. Live knallte der Death Core sehr tight durch die Boxen, was so nicht unbedingt zu erwarten war, da die Band vorher eher durch nette T-Shirts als durch herausragende Musik auffiel. Die bisherigen Veröffentlichungen werde ich mir nach der Live-Performance jedenfalls mal intensiver zu Gemüte führen. (sg)

Machine Head heizten den Metalheads abschließend am Freitag als Headliner auf der Hauptbühne ordentlich ein und das im wahrsten Sinne des Wortes (siehe Bilder). Neben der sauberen Darbietung der Kracher von The Blackening und vorherigen Alben, durften sich die Fans auf reichlich Songs der neuen Scheibe freuen. Ob sie ihren Rekord von 28 Circle Pits vom vorhergehenden Download Festival in England geknackt haben, bleibt wohl ungeklärt.


Samstag

Vor 2 Jahren noch skeptisch, wussten wir den Auftritt des Kultduos Elsterglanz sehr zu schätzen. Rödiger und Wittek eröffneten den Samstag auf der Hauptbühne in ihrer bekannt liebenswerten Art mit einer Flasche Gerstensatz in einem Zug. In Mundart führten sie anschließend durch ihre bekannten verqueren Liedtexte von der Mutter von James Bond bis hin zum legendären Kaputtschlahhn. Einzig die Bühnenshow hat uns 2010 besser gefallen, als noch einen Kiosk mit Stammkundschaft gab… (cd)

Trompeten erklingen während eines Blast-Beats? Witziger eierkneif Gesang neben Death-Growls? Dies konnte nur eins bedeuten: Die Excrementory Grindfuckers haben die Bühne geentert und wollten sie erst wieder freigegeben als alle stilistischen Grenzen nach dem abschließenden Europe-„Cover“ „The Final Grinddown“ gesprengt waren.

Carnifex spielten sehr motiviert ihren leider etwas beliebigen Death-Metal (bzw. Metalcore). Der Auftritt hatte damit leider eine etwas geringe Halbwertszeit, so dass nichts musikalisch Relevantes im Gedächtnis zurückblieb. (sg)

Auch bereits vor 2 Jahren im Hard Bowl erlebt haben wir Evergreen Terrace. Die etwas andere Hardcore Band hat auch dieses Jahr wieder ordentlich die Bühne unsicher gemacht. Sänger Drew stand keine zwei Sekunden auf demselben Fleck und schon nach den ersten Liedern suchte er sich Verstärkung im Publikum (siehe Bild). Spätestens mit der Hardcore-Version von Mad World stand kaum ein Bein unter dem Zeltdach mehr still. (cd)


Die legendären Schweden Meshuggah beehrten das WFF mit einem ihrer seltenen Auftritte und verknoteten einige Hirnwindungen mit ihren vertrackten Rhythmen. Leider fiel während des gesamten ersten Liedes die Gesangsanlage aus. Dadurch konnte man jedoch noch besser hören wie unglaublich präzise die Band ihr Material spielt. Hoffentlich folgen demnächst ein paar mehr Gigs in Deutschland, denn leider wir konnten wir uns diesen nur teilweise anschauen, dank eines richtig großen Mankos: Den Zeitüberschneidungen zwischen den beiden Bühnen. Während Freitag und Sonntag während einer Umbaupause jeweils auf der anderen Bühne gespielt wurde, starteten Samstag die Bands zur gleichen Zeit, so dass die Chance etwas zu verpassen, deutlich größer war. Nächstes Jahr könnte man das System vom Freitag ruhig auch auf Samstag anwenden.

So kam es dass wir bei Meshuggah den Anfang und bei All Shall Perish folgerichtig das Ende verpassten. Aber was wir da noch sahen, war aller Reden wert. Die technischen Fertigkeiten sind schier unglaublich und der Bassist war mit freiem Oberkörper und mexikanischer Ringermaske schon ein besonderer Anblick. Leider gingen viele spielerische Finessen im Soundbrei unter, welche im Zelt fast die ganze Zeit serviert wurde.

Danach wurde es vor der Main Stage trotz Sonnenschein düster, denn Immortal betraten die Bühne und versuchten skandinavische Kälte zu verbreiten. Dies gelang leider nur bedingt, da die Anlage öfters ausfiel und was die Band fast dazu zwang komplett aufzuhören. Ein paar mit Liebe Richtung Bühne geworfene Plüschtiere besänftigten die Gemüter und die Black Metaler mit Panda Schminke setzen ihren Auftritt fort. Musikalisch zwar sehr gut vorgetragen  entfaltet sich die wahre Magie wohl trotzdem erst bei Nacht und entsprechender Atmosphäre. Auch die Publikumsreaktionen zeigten, dass sich Immortal nur bedingt als Co-Headliner für das WFF eignen. (sg)

Abschließend sollten die Thüringer Heaven Shall Burn zum ersten Mal als Headliner den Samstag auf der Hauptbühne ausläuten. Nach den ersten Liedern und einem gewohnt riesigen Circle Pit meldete sich der Himmel persönlich zu Wort. Nach kurzer Zeit wurde aus dem leichten Regen ein ausgewachsenes Gewitter. Die Kamera noch über der Schulter suchten wir wie viele andere schnell Schutz vor dem etwas zu massiven Regenguss. Glücklicherweise war der Weg zum Pressezelt nicht weit und die das Gerät für die Fotos der nächsten Tage sicher. Auch wenn die Bühne direkt nebenan Stand, war von der Band nicht viel zu hören. Erst als der Regen nachgelassen hatte bemerkten wir, dass tausende Fans bis auf die Knochen Nass noch immer den Saalfeldern lauschten, die mittlerweile aufgrund von zu nasser Technik souverän selbst im Blindflug spielten.

Das Saturday Night Fever im Hard Bow lließen wir nun nicht mehr nur aufgrund der für uns fehlenden musikalischen Highlights ausfallen. Zu diesem Zeitpunkt wusste noch niemand, dass diese Nacht keiner mehr so schnell vergessen wird. Kurz nachdem wir auf dem Zeltplatz angekommen waren, fing es auch schon wieder an zu regnen. Mit 2 Flaschen Wein flüchteten wir schnell ins schützende Auto. Dem Spektakel mit extremen Winden, Blitzen und Regengüssen zollten wir unseren Respekt aus sicherer Position. Erst am nächsten Tag erfuhren wir, dass auf dem Zeltplatz während dieses Sturmes ein Blitz in einen Mast einschlug und über 50 Musikbegeisterte verletzte, von denen sogar 3 reanimiert werden mussten. Helfer waren schnell zur Stelle und alle Betroffenen haben diesen denkwürdigen Abend überlebt. Großes Lob gilt hierbei der sehr guten Organisation sowie den zahlreichen Helfern, die Schlimmeres verhinderten.

Sonntag

Das weitere Ausmaß der Nacht bekamen wir erst am darauffolgenden Morgen zu sehen: Kaum ein Pavillon Stand noch wie am Tag zuvor. Verwüstung soweit das Auge reichte, auch die stärksten Metallkonstruktionen ergaben sich am Ende unter der Stärke des Gewitters. Wer sein Zelt beim Aufbau nicht mit allen Maßnahmen befestigte, hatte schlechte Karten. Unser Aufbau erwies sich glücklicherweise als unwetterfest.

Bereits am Vortag angekündigt, mussten die Franzosen von Gojira ihren Auftritt leider absagen. Zumindest hatte man hier einen würdigen Ersatz parat: Neaera! Nachdem die Münsteraner das von den letzten Tagen gezeichnete Festivalvolk mit den ersten Songs aufgeweckt hatte, rief Sänger Benny schon zum Massen-Crowdsurfen auf (siehe Fotos). Die nett dreinschauenden Typen von der Security waren offensichtlich sehr begeistert. (cd)




Die Allstar Combo Kill Devil Hill rund um den Ex-Pantera Bassisten sowie Ex-Black Sabbath Drummers Vinnie Appice müssen sich trotz namenhafter Beteiligung ihr Publikum genau wie kleinere Bands erst erspielen und wurden entsprechend früh auf die Bühne geschickt. Bei einer leckeren Mahlzeit sowie zugehörigem Kaltgetränk konnte man der rockig-doomigen Musik sehr gut zuhören und vor allem der Sänger überzeugte durch sein raues Organ.

Unearth galten einst als große Vorreiter und das nächste große Ding im Metal, mussten im Laufe der Jahre jedoch mit ansehen, wie viele aufstrebende Bands ihnen den Rang abliefen. Dass sie sich davon nicht unterkriegen lassen und unermüdlich weiterarbeiten, demonstrierte die unbändige Spielfreude mit welcher die Band ihre Hits vortrug. Zu meinem eigenen Erstaunen konnte ich mich an viele davon erinnern und den Auftritt entsprechend begeistert verfolgen. Wenn jetzt noch ein starkes Album folgt, ist der Gruppe mal wieder einiges zu zutrauen. (sg)

Bereits als das Intro der neuen Platte “In Waves” einsetzte war die Masse kaum noch zu halten. Trivium meisterte einen nahezu perfekten Spagat zwischen altem und neuem Material mit einer Nähe zum Publikum wie wir sie bei keiner anderen Band an diesem Wochenende gesehen haben. Sänger (und nachweislich Entertainer) Matt gab mit seinen Mannen alles um am späten Sonntagnachmittag nochmals alle Kräfte vor der Bühne zu mobilisieren.


Bei weitem nicht das erste Mal lauschten wir Comeback Kid, die anschließend im Zelt alles gaben um die müde Meute mobil zu machen. Der harte Kern war natürlich bei der starken Expedition quer durch die ganze Diskografie nicht zu halten. Zu Ehren der Kanadier versuchten sich die Hardcorefans mit der menschlichen Pyramide an einer eher unüblichen Disziplin für diese Musikrichtung. Schnell mussten sie unter scharfen Augen der Security feststellen, dass Hardcoreler andere Stärken haben müssen (?). (cd)

Beispielsweise simples aber immer wieder schönes Headbangen. Bei Children of Bodom bat sich allen noch Anwesenden die Gelegenheit die langen bis nicht vorhandenen Haare kreisen zu lassen. Neben gewohnt gutem Futter für die Ohren bekam auch das Auge bei den ganzen technischen Kabinettstückchen einiges zu sehen. Einzig über die etwas zu routiniert (bisweilen unmotiviert wirkende) Vorstellung konnte man meckern. (sg)

Trotz der Vorverlegung von Soulfly durch das vorzeitige Ausscheiden von Deutschland bei der Fußball EM und das erwartete Desinteresse am Spiel Italien gegen Spanien, haben wir uns entschlossen mit den gesammelten Eindrücken die Heimreise anzutreten und nächstes Jahr gerne nach Roitzschjora zurückzukehren, wenn das 20. Jährige Jubiläum ansteht. Wir sind gespannt, was sich die Veranstalter dafür einlassen werden! (cd, sg)